Autophagie: Verlängert die Zellerneuerung das Leben?
Im Körper entsteht regelmäßig zellulärer Müll. Dabei handelt es sich um beschädigte oder falsch gefaltete Proteine oder ganze Organellen wie Mitochondrien. Glücklicherweise verfügt der Organismus über eine Art körpereigene Müllabfuhr. Sie hat die Aufgabe, die unerwünschten Bestandteile zu entfernen. Was wir Menschen uns beim Haushaltsmüll über viele Jahrzehnte mühsam erarbeitet haben, beherrscht der Körper schon seit ewigen Zeiten: Recycling. Das Stichwort in dem Zusammenhang heißt Autophagie.
Wir erklären Dir, was es mit dem Stoffwechselprozess auf sich hat und wie die Zellerneuerung die Lebenszeit beeinflussen könnte.
Was ist Autophagie und wie funktioniert sie?
Die Autophagie ist ein Prozess, der zur Zellerneuerung und Qualitätskontrolle dient. Wörtlich übersetzt bedeutet Autophagie so viel wie „Selbstverdauung“. Dabei geht, anders als vermutet, aber nicht alles verloren – vielmehr werden unerwünschte Bestandteile verwertet und wieder neu eingesetzt, also recycelt.
Der Prozess der Autophagie ist hochkomplex und wird von mindestens 35 Genen beeinflusst. Dabei geschieht Folgendes:
- Die Zelle bildet eine Hülle: Die körpereigene Zelle bildet eine Hülle um die zu recycelnden Bestandteile. Schließt sich die Hülle, entsteht ein sogenanntes Autophagosom. Dabei handelt es sich um ein Zellorganell, also einen abgegrenzten Zellbereich mit einer bestimmten Funktion.
- Enzyme zersetzen unerwünschtes Material: Das Autophagosom verschmilzt in einem weiteren Schritt mit Lysosomen, das sind mit Enzymen gefüllte Bläschen. Die Enzyme haben die wichtige Aufgabe, das Recyclingmaterial aufzuspalten und in kleine Bausteine zu zerlegen.
- Materialen werden neu eingesetzt: Gemäß den Recyclingregeln erhalten die eingeschlossenen Bestandteile einen neuen Zweck. Die aus der Autophagie hervorgegangenen Materialien sind beispielsweise Aminosäuren und Lipide, die der Körper unter anderem zur Energiegewinnung gebrauchen kann. Manche Abbauprodukte sind nicht mehr nützlich, diese scheidet der Körper aus.
Infografik: Ablauf der Autophagie
Vorteile der Zellerneuerung auf einen Blick
Das Zellerfrischungsprogramm findet regelmäßig im Organismus statt. Gut so, denn zellulärer Müll würde sich ansonsten schnell anhäufen. Die Autophagie leistet einen wichtigen Beitrag zur sogenannten zellulären Homöostase – hier stehen die Bildung neuer Zellkomponenten und der Abbau fehlerhafter Zellmaterialien im Gleichgewicht.
Weitere Vorteile der Autophagie:
- Hält die Zellfunktionen aufrecht: Würde sich zellulärer Müll anhäufen und nicht abgebaut werden, hätte das einen negativen Einfluss auf Zellvorgänge – die Körperzellen könnten ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen. Mit der Autophagie werden störende Zellbestandteile entfernt.
- Unterstützt das Immunsystem: Krankheitserreger oder Fremdeiweiße können in Körperzellen eindringen und Schaden im Körper anrichten. Mithilfe der Autophagie bauen die Zellen die Eindringlinge ab und machen sie so ungefährlich.
- Macht Nährstoffe zur Energiegewinnung verfügbar: Durch die Autophagie hat der Körper Zugriff auf recycelte Bestandteile wie Aminosäuren, Fettsäuren oder Kohlenhydrate der Zelle – diese dienen der Energiegewinnung.
Mit Autophagie länger leben – was ist dran?
Der körpereigene Zellreinigungsprozess wird häufig mit einer verlängerten Lebensspanne oder Gesundheitsspanne (Longevity) in Verbindung gebracht. Tatsächlich deuten Forschungen darauf hin, dass eine verbesserte Autophagie den Alterungsprozess herauszögern und das Leben verlängern kann.
Es gibt einiges, was diese These stützt. Zum einen beeinflusst das Recyclingprogramm den programmierten Zelltod, auch Apoptose genannt. Das gelingt, indem die Autophagie ein spezielles Protein (Cytochrom c), das den Zelltod einleitet, abbaut.
Die Notwendigkeit einer reibungslos funktionierenden Zellreinigung zeigt sich auch an den Folgen einer fehlenden Autophagie. Dadurch häufen sich nämlich falsch gefaltete und mutierte Proteine in der Zelle – das wiederum kann neurogene Erkrankungen und andere altersbedingte Krankheiten begünstigen.
3 Tipps, um die Autophagie zu aktivieren
Die Autophagie ist nicht nur wünschenswert, sondern absolut notwendig für den Erhalt gesunder Körperzellen. Nun gibt es Situationen, in denen der Recyclingprozess besonders erwünscht ist, nämlich dann, wenn der Nährstoffnachschub auf sich warten lässt. Daraus kannst Du Tipps für den Alltag ableiten, um die Autophagie zu aktivieren.
- Fasten und Autophagie: Die wohl vielversprechendste Option, um die Autophagie anzukurbeln, ist das Fasten. Durch den vorübergehenden Verzicht auf Nahrung bedient sich der Körper irgendwann an den Energiereserven, die die Autophagie zur Verfügung stellt. Noch ist nicht eindeutig geklärt, wann der zelluläre Recyclingprozess aktiviert wird – viele Quellen berichten hier von 12-16 Stunden nach dem Nahrungsverzicht. In dem Zusammenhang würde sich die 16:8 Fastenmethode anbieten. Hier liegt zwischen der letzten Mahlzeit und der ersten Nahrungsaufnahme am Folgetag ein Zeitraum von 16 Stunden. Besonders angenehm: Im Gegensatz zum klassischen Fasten, bei dem Du tagelang auf Nahrung verzichtest, kannst Du das Intervallfasten bequem über Nacht durchziehen.
- Sport und Autophagie: Wenn Du Dich intensiv bewegst, sind die Fett- und Glykogenspeicher in der Pflicht, mehr Energie verfügbar zu machen, um die Leistungsfähigkeit zu unterstützen. Genau dieser Prozess kann die Zellreinigung anregen. Schließlich kann Sport Deinen Körper in eine Art Hungerzustand befördern.
- Kaffee und Autophagie: Um die Autophagie zu aktivieren, könnte womöglich auch Kaffee hilfreich sein. Dies legt zumindest eine Studie an Mäusen nahe. Hier wurde festgestellt, dass sowohl gewöhnlicher Kaffee als auch entkoffeinierter Kaffee in einem Zeitraum von ein bis vier Stunden zu einer Zunahme des autophagischen Flusses führte – das traf auf Muskeln, Herz und Leber zu. Nach Ansicht der Forscher haben die im Kaffee enthaltenen Polyphenole das Potenzial, die Autophagie anzuregen.
Helfen Longevity- bzw. Langlebigkeits-Wirkstoffe bei der Autophagie?
Sport, Kaffee und Fasten lassen sich in den Alltag gut einbinden, doch gibt es auch gezielte Wirkstoffe, um die Zellreinigung zu aktivieren? Tatsächlich existieren viele Substanzen, denen nachgesagt wird, einen Einfluss auf die Autophagie auszuüben.
- Spermidin: Dabei handelt es sich um ein biogenes Polyamin, das intensiv in der Altersforschung diskutiert wird. Als erwiesen gilt, dass die Substanz die körpereigene Zellreinigung anregt und so die Zellen verjüngen kann. Spermidin ist beispielsweise in Weizenkeimen, Kürbiskernen oder Brokkoli enthalten.
- Sulforaphan: Die Substanz gehört zu den Senfölen und konnte in wissenschaftlichen Untersuchungen ebenfalls die Autophagie stimulieren. Als besonders gute Quelle gilt Brokkoli. Wie wäre es mit unserem for you brokkoli plus?
- Betain: Die quartäre Ammoniumverbindung ist ebenfalls ein berühmter Player in der Altersforschung. Eine Studie lieferte Hinweise darauf, dass Betain nicht nur die Autophagie auslöst, sondern auch Amyloid-Beta beseitigt – dieses ist Bestandteil des senilen Plaques bei Alzheimer. Wusstest Du schon? Mit unserem for you TMG betain kannst Du die Substanz in Kapselform aufnehmen.
- Quercetin: Das Flavonoid, das beispielsweise in Kapern oder Zwiebeln vorkommt, besitzt eine antioxidative Wirkung. Wissenschaftler konnten darüber hinaus in einigen Untersuchungen nachweisen, dass die Substanz die Zellreinigung stimulieren kann. Womöglich gelingt das über die Hemmung von TORC1. Dabei handelt es sich um einen speziellen Protein-Komplex. Mit Blick auf Quercetin haben wir ein besonders Produkt für Dich: for you Quercetin.
Auch wenn die Autophagie in Deinem Körper automatisch eingeleitet wird, gibt es einiges, dass Du tun kannst, um den spannenden Prozess zu unterstützen. Sport, Intervallfasten und Substanzen wie Spermidin scheinen dabei besonders erfolgversprechend zu sein.
Quellen & zum Weiterlesen
Jung und schön – dank Autophagie? | Max-Planck-Institut für Biophysik (mpg.de)
Autophagie: „Selbstverstümmelung“ als Überlebensstrategie (aerzteblatt.de)
Autophagie: Können sich durch Fasten Körperzellen selbst reinigen? - UGB-Gesundheitsberatung
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