Quercetin - mit einem Naturfarbstoff ein längeres, gesünderes Leben?
Sich möglichst lange fit, gesund und voller Tatendrang fühlen, und zwar unabhängig vom Alter – Forscher erkunden schon seit einigen Jahrzehnten, was Menschen zu einer größeren Gesundheitspanne verhilft. Daran knüpft der Begriff Langlebigkeit oder auch Longevity an, der genau das zum Ziel hat. Doch was ist der Schlüssel für ein gesundes Leben bis ins hohe Alter? So ganz scheint das noch nicht geklärt zu sein. Was aber feststeht, ist, dass bestimmte Substanzen ein großes Potenzial besitzen. Dazu gehören Nicotinamidadenindinucleotid (NAD+) und Nicotinamid-Mononukleotid (NMN). Eine weitere sehr wichtige Substanz ist ein auf den ersten Blick unscheinbarer gelber Naturstoff: Quercetin.
Wir erklären Dir heute, auf welchen Wegen Du mit Quercetin die Pfade der Langlebigkeit entdecken kannst und welche Lebensmittel sich dafür anbieten.
Was ist Quercetin?
Die Natur ist bunt – egal, wohin Du in der Obst- und Gemüsetheke siehst, überall entdeckst Du prächtige Farben. Das bunte Farbenspiel ist aber eigentlich nicht dafür gedacht, unseren Appetit anzuregen, sondern erfüllt wichtige Aufgaben für die Pflanze. Für die Farben sind die sogenannten Flavonoide zuständig, eine Untergruppe der Polyphenole. Bei den Flavonoiden handelt es sich um eine Gruppe wasserlöslicher Pflanzenfarbstoffe. Diese tragen zur Aufrechterhaltung des Pflanzenstoffwechsels bei und schützen die Pflanze vor unterschiedlichen Gefahren, beispielsweise vor Fressfeinden, Bakterien, Pilzen, Viren oder vor UV-Strahlung. Immer, wenn Du rote, violette, blaue oder gelbe Gemüse- und Obstsorten bewunderst, schaust Du dabei direkt in das „Gesicht“ der Pflanzenfarbstoffe. So auch bei dem Naturfarbstoff Quercetin. Dieser bekannte Vertreter der Flavonoide und damit auch der Polyphenole ist für die hellgelbe Farbe in der Pflanzenwelt zuständig. Die aktive Pflanzenverbindung ist besonders beliebt aufgrund ihrer antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften.
Quercetin-Wirkung: Was kann das gelbe Multitalent?
Der Naturfarbstoff Quercetin ist ein Allrounder, denn er scheint gleich auf mehreren Wegen den Organismus beeinflussen zu können – das legen zumindest Laboruntersuchungen und Studien an Tieren nahe. Lass uns gemeinsam entdecken, welche Wirkung Quercetin genau nachgesagt wird.
- Antioxidative Eigenschaften: Wenn Du Dich mit dem Thema Gesundheit beschäftigst, stößt Du oft auf den Begriff „antioxidativ“, und das aus gutem Grund. Antioxidantien, die antioxidativ wirken, bieten einen Schutz gegen freie Radikale. Diese kommen auf natürliche Weise im Körper vor, sie entstehen beispielsweise im Rahmen von Stoffwechselprozessen. Gibt es zu viele davon im Organismus, entsteht jedoch oxidativer Stress, der mit zahlreichen Krankheiten wie Herzkreislaufkrankheiten oder Krebserkrankungen in Verbindung steht. Glücklicherweise werden Quercetin antioxidative Eigenschaften nachgesagt.
- Entzündungshemmende Effekte: Entzündungsreaktionen sind in unseren Augen eher unerwünscht. Sie sind allerdings wichtig, um Gefahren einzudämmen oder Schäden abzubauen. Chronische Entzündungen, die womöglich sogar ganz still und leise ablaufen (Silent Inflammation), sind jedoch eine Bedrohung. Es gibt Hinweise darauf, dass sie unter anderem eine Rolle bei der Entstehung von Herzschwäche, Diabetes und Alzheimer spielen. Durch die entzündungshemmenden Effekte ist die Substanz Quercetin auch deshalb sehr interessant.
- Blockiert Histamin: Bei Histamin handelt es sich um einen Botenstoff im menschlichen Körper, der unter anderem an allergischen Reaktionen und Entzündungen beteiligt ist. Er sorgt bei Allergien beispielsweise für die Bildung der lästigen Quaddeln. Der Naturfarbstoff Quercetin blockiert die Histaminausschüttung in den Körperzellen. Auf diese Weise kann Quercetin womöglich antiallergisch bei Asthma wirken oder sein Potenzial bei entzündungsbedingten Gelenkschmerzen (Rheuma) entwickeln.
- Hemmt CD38: Quercetin ist in der Lage, das Molekül CD38 zu hemmen. Dadurch kommt es automatisch zu einem Anstieg von NAD+. Das ist deswegen erwähnenswert, weil es sich bei NAD+ um ein Schlüsselmolekül im Energiestoffwechsel der menschlichen Zellen handelt. NAD+ greift aktiv in den Alterungsprozess ein, indem es spezielle Gene „einschaltet“, die zur Produktion von Sirtuinen benötigt werden. Sirtuine wiederum beugen der Zellalterung vor.
Gut zu wissen!
Ein weiterer Erklärungsversuch für die Wirkung von Quercetin auf die Langlebigkeit ist die Anregung der sogenannten Proteasomen. Sie haben die wichtige Aufgabe, fehlerhafte Proteinstrukturen, die sich im Alter ansammeln, abzubauen.
Quercetin und die zelluläre Seneszenz
Körperzellen haben ein gewisses Ablaufdatum – sie können sich also nicht unendlich teilen. Nachdem sie ihr Zellteilungslimit erreicht haben, stehen sie gewissermaßen still und altern. Eine Ausnahme bilden die Krebszellen, sie halten sich einfach nicht an dieses Limit und teilen sich munter weiter. Die Teilungsobergrenze bezeichnen Experten übrigens als „replikative Seneszenz“. Bei der zellulären Seneszenz kommt es zu einem Stillstand des Zellzyklus, die Zellen ruhen gewissermaßen. Es ist ganz natürlich, dass sich im Alter vermehrt seneszente Zellen ansammeln, da zu viele von ihnen entstehen und gleichzeitig nicht ausreichend abgebaut werden. Doch was ist so besorgniserregend an den schlafenden Zellen? In dem Zustand zwischen Leben und Tod produzieren die ruhenden Zellen Giftstoffe und Entzündungsmoleküle, die das Gewebe in der Umgebung schädigen können. Seneszente Zellen werden in Zusammenhang mit altersbedingten Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs und Arthritis gebracht. Quercetin könnte hier womöglich Abhilfe schaffen. Indem sich die Substanz am vorhandenen Schutzschild vorbei in die Zelle „hineinschleicht“, kann sie das Enzym PI3-Kinase blockieren und so den unerwünschten Überlebensmechanismus der seneszenten Zelle abschalten – nun stirbt die Zelle, sowie vorgesehen, ab. Übrigens: Die zelluläre Seneszenz gehört zu den Hallmarks of Aging, also den Kennzeichen des Alterns.
Unser Tipp: Profitiere mit ausgewählten Lebensmitteln von der Quercetin -Wirkung
Dein Körper ist nicht selbst in der Lage, Quercetin zu bilden. Kein Wunder, schließlich handelt es sich um einen Pflanzenfarbstoff. Das bedeutet aber nicht, dass Du auf Quercetin verzichten musst. Mit einer gewöhnlichen Nahrungsaufnahme, so wie sie in der westlichen Ernährung üblich ist, nimmst Du etwa 15 bis 40 mg Quercetin pro Tag auf. Doch da geht noch mehr. Versuche doch einmal, gezielt Quercetin-Lebensmittel in Deinen Alltag einzubauen. Das ist gar nicht so schwer, denn der Pflanzenfarbstoff steckt in vielen beliebten Obst- und Gemüsesorten.
Dazu zählen:
- Rucola
- Kapern
- Fenchel
- Liebstöckel
- Äpfel
- Zwiebeln
- rote Trauben
- Zitrusfrüchte
- Brokkoli
- Kirschen
- Holunderbeeren
- Himbeeren
- Blaubeeren
- Brombeeren
- Tomaten
- Grünkohl
- Grüne Bohnen
Gut zu wissen!
Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung enthalten biologisch angebaute Tomaten 79 % mehr Quercetin als Tomaten aus konventionellem Anbau. Daher lohnt es sich, beim Einkauf genau hinzusehen.
Infografik: Lebensmittel mit Quercetin
Zusammengefasst: So hilft Quercetin der Langlebigkeit auf die Sprünge
Der Naturfarbstoff Quercetin, der in Pflanzen für die hellgelbe Farbe sorgt, besitzt ein großes Potenzial, wenn es um die Ausdehnung der Gesundheitsspanne geht. Zumindest deuten darauf zahlreiche Untersuchungen hin. Zunächst könnte die Substanz durch die antioxidativen, entzündungshemmenden und Histamin blockierenden Eigenschaften in einem gewissen Rahmen Krankheiten vorbeugen, die einem langen und gesunden Leben im Weg stehen. Ganz nebenbei blockiert Quercetin das Molekül CD38, was wiederum zu einem Anstieg von NAD+ führt. Das ist ein sehr wünschenswerter Effekt, denn die damit stattfindende Ankurbelung der Sirtuin-Produktion kann der Zellalterung vorbeugen. Dann gibt es noch einen besonderen Erklärungsversuch über die Aktivierung der Proteasomen, die fehlerhafte Proteinstrukturen abbauen. Doch der Mechanismus, der wirklich im Rampenlicht steht, ist mit der sogenannten zellulären Seneszenz verknüpft. Seneszente Zellen sind ruhende Zellen, die Moleküle abgeben, die wiederrum intakte Zellen schädigen. Quercetin blockiert das Enzym PI3-Kinase und ermöglichen so den für sie vorgesehen Zelltod. Du möchtest gezielt etwas für Dein Quercetin-Konto tun? Dann binde am besten mehr Nahrungsmittel wie Tomaten, Zwiebeln oder rote Trauben in Deinen Speiseplan ein.
Quellen & zum Weiterlesen
Onkologie: Wie chronische Entzündungen zu Krebserkrankungen führen (aerzteblatt.de)
Microglia-derived ASC specks cross-seed amyloid-β in Alzheimer’s disease, Carmen Venegas, Sathish Kumar et al., Nature (2017)
NLRP3 is activated in Alzheimer’s disease and contributes to pathology in APP/PS1 mice”, Michael Heneka et al., Nature (2013).
Dasuri K, Zhang L, Ebenezer P, Liu Y, Fernandez-Kim SO, Keller JN. Aging and dietary restriction alter proteasome biogenesis and composition in the brain and liver. Mech Ageing Dev. 2009 Nov-Dec;130(11-12):777-83. doi: 10.1016/j.mad.2009.10.003. PMID: 19896962; PMCID: PMC2942759.
Seneszente Zellen können durch ¬senolytische Medikamente reduziert werden (der-niedergelassene-arzt.de)
Escande C, Nin V, Price NL, Capellini V, Gomes AP, Barbosa MT, O'Neil L, White TA, Sinclair DA, Chini EN. Flavonoid apigenin is an inhibitor of the NAD+ ase CD38: implications for cellular NAD+ metabolism, protein acetylation, and treatment of metabolic syndrome. Diabetes. 2013 Apr;62(4):1084-93. doi: 10.2337/db12-1139. Epub 2012 Nov 19. PMID: 23172919; PMCID: PMC3609577.
Mitchell AE, Hong YJ, Koh E, Barrett DM, Bryant DE, Denison RF, Kaffka S. Ten-year comparison of the influence of organic and conventional crop management practices on the content of flavonoids in tomatoes. J Agric Food Chem. 2007 Jul 25;55(15):6154-9. doi: 10.1021/jf070344+. Epub 2007 Jun 23. PMID: 17590007.