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Adaptogene – So schützt Du Dich vor Stress

Adaptogene

Früher haben die Neandertaler zum Speer gegriffen und sind auf die Jagd gegangen, heute hängst Du Dir Deine Tasche über die Schulter und verlässt damit das Haus. Doch Dein Körper funktioniert immer noch auf eine ähnliche Weise, egal ob ein Bär aus dem Gebüsch springt, die Nudeln auf dem Herd überkochen oder Dir an der roten Ampel fast jemand hintendrauf fährt. Dein Körper schaltet sofort seine Kampf-oder-Flucht-Reaktion ein und versetzt Dich in Stress. Hormone wie Cortisol (das „Stresshormon“) und Adrenalin (das „Alarmhormon“) steigern Deine körperliche und geistige Leistung, sodass Du sofort kampfbereit bist oder fliehen kannst. Dafür werden alle anderen Körperfunktionen wie die Verdauung temporär heruntergefahren. Dein Blutdruck steigt, Dein Herz rast, Du atmest schneller – so versucht Dein Körper in kurzer Zeit möglichst viel Energie zu Deinen Muskeln und Deinem Gehirn zu transportieren. In der freien Natur hat uns diese Reaktion das Leben gerettet. Heutzutage erleben wir im Alltag manchmal einen stressigen Tag nach dem anderen. Wenn Stress zum Dauerzustand wird, dann kann sich Dein Körper zwischendurch nicht mehr davon erholen. Und hier kommen die Adaptogene ins Spiel.

Was sind Adaptogene?

Adaptogene sind natürliche Pflanzenstoffe aus Kräutern, Wurzeln oder Pilzen, die Dir dabei helfen Dich körperlich und emotional besser an Stress anzupassen. Daher kommt auch die Bezeichnung „Adaptogen“, die sich vom lateinischen Begriff „adaptare“ ableitet und so viel wie „anpassen“ bedeutet. Bereits im Zweiten Weltkrieg waren Wissenschaftler auf der Suche nach einer ‚Wunderpille‘ für Piloten, welche die Leistungsfähigkeit in stressigen Situationen steigern sollte. Aber erst im Jahr 1947 konnte der russische Pharmakologe Nicolai V. Lazarev eine gefäßerweiternde Wirkung und damit eine verstärkte Abwehr gegen Stresssituationen nachweisen und verwendete erstmals den Begriff „Adaptogene“. Seit den 1960er Jahren steigt das Interesse und damit die Forschung rund um die Heilpflanzen kontinuierlich an. Inzwischen sind ganz unterschiedliche Adaptogene bekannt, die auf verschiedene Weise den Körper in stressigen Situationen unterstützen und ihn somit gegen Dauerstress wappnen. Trotzdem sind Adaptogene mit ihrer Wirkung keine ‚Wunderpille‘ und somit keine dauerhafte Lösung für einen stressigen Alltag. Mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance, einem gesunden Lebensstil und effektiven Entspannungstechniken wie Yoga und Meditation solltest Du den Ursachen für Deinen Stress auf den Grund gehen.

Infografik: Adaptogene - Stressreaktion

Infografik: Stressreaktion des Körpers - mit & ohne Adaptogene

Welche Adaptogene gibt es?

Als Adaptogene werden ganz verschiedene Pflanzen, Kräuter und Pilze bezeichnet, wobei alle auf unterschiedliche Weisen Deinen Körper in Stresssituationen unterstützen. Manche fahren den Körper herunter und sorgen für Entspannung und Ruhe, andere bringen Dich eher in Schwung, sorgen für eine bessere Konzentration und eine gesteigerte Leistungsfähigkeit, sodass Du Stress besser standhalten kannst. Einige Adaptogene werden schon seit mehreren tausend Jahren in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet, sind in Europa aber erst seit ein paar Jahrzehnten als Adaptogene bekannt. Bei der großen Auswahl an adaptogenen Wirkungen gibt es kein Allheilmittel gegen Stress, sondern Du musst Dir Deine persönlichen Favoriten heraussuchen, die Dich am besten unterstützen. Hier stellen wir Dir ein paar bekannte Vertreter der Heilpflanzen vor.

Bekannte Adaptogene im Überblick

Ashwagandha

  • Name: der Begriff „Ashwagandha“ stammt aus dem Altindischen und bedeutet „Geruch des Pferdes“
  • Verbreitung: überwiegend in Afrika, Asien und Südeuropa
  • Wirkung: angstlösend und entspannend durch die Senkung des Stresshormons Cortisol, wirkt auch bei Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Depression

Rhodiola Rosea/Rosenwurz

  • Name: die Wurzeln des Dickblattgewächses duften nach Rosen, woher der Name „Rosenwurz“ stammt
  • Verbreitung: Russland, Sibirien und Skandinavien
  • Wirkung: erhöht die mentale Leistungsbereitschaft bei gleichzeitiger Senkung des Cortisol-Spiegels, sodass Müdigkeit und Burnout verhindert werden und sich Deine Stimmung verbessert

Cordyceps

  • Name: die Bezeichnung setzt sich zusammen aus den griechischen Begriffen „cordyle“ für Keule und „ceps“ für Kopf, da der Pilz wie eine Keule emporragt
  • Verbreitung: hauptsächlich in Asien
  • Wirkung: antioxidative Eigenschaften, wirkt bei Erschöpfung und Müdigkeit, verbessert Leistungen im Training
  • Einnahme: Pulver oder Kapseln

Ginseng

  • Name: die Ginsengwurzel erinnert an einen Körper mit Gliedmaßen, sodass sie nach dem chinesischen Wort für „menschenähnlich“ benannt ist
  • Verbreitung: Korea, China und Sibirien
  • Wirkung: verringert die Müdigkeit und verbessert den Schlaf, sodass Konzentration, Leistung und Wohlbefinden steigen, außerdem nimmt der Nüchtern-Blutzuckerspiegel ab
  • Einnahme: u. a. Kapseln mit Wurzel-Extrakt

Süßholzwurzel

  • Name: aus der Wurzel der Pflanze Glycyrrhiza glabra („Echtes Süßholz“) wird auch Lakritze hergestellt
  • Verbreitung: Asien und Mittelmeer-Region
  • Wirkung: entzündungshemmend, stärkt das Immunsystem, steigert Energie und Ausdauer, reguliert den Hormonspiegel bei Stress, hilft bei Husten und Magen-Darm-Geschwüren
  • Einnahme: u. a. Tinktur, Tee oder Lakritze

Reishi

  • Name: in Japan heißt der Pilz „Reishi“ („göttlicher Pilz“), in Deutschland dagegen „glänzender Lackporling“
  • Verbreitung: weltweit in mediterranen und gemäßigten Gebieten
  • Wirkung: reguliert das Immunsystem, wirkt antibakteriell, beruhigend und entzündungshemmend, antioxidative Eigenschaften
  • Einnahme: u. a. Pulver, Tinktur oder Tee

Kurkuma

  • Name: leitet sich aufgrund der gelben Farbe vom arabischen Wort für Safran („kourkoum“) ab
  • Verbreitung: hauptsächlich in Südasien, z. B. Indien
  • Wirkung: schmerzlindernde, entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften, steigert die Gehirnfunktion, kann Depressionen lindern
  • Einnahme: u. a. Pulver, Kapseln, Konzentrat und Wurzel

Die adaptogene Wirkung gegen Stress

Stress kann durch ganz unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden, zum Beispiel durch Deine Umwelt (Lärm, Gestank, Kälte oder Hitze) und durch körperliche Belastungen (vom Training oder von Wettkämpfen). Ist der Stress erst einmal ausgelöst, setzt er in Deinem Körper eine Reihe von Mechanismen zwischen den drei Hormondrüsen Hypothalamus, Hypophyse und den Nebennieren in Gang, wodurch Stresshormone wie Cortisol hergestellt werden. Deshalb tragen die drei Drüsen auch die Bezeichnung „Stressachse“ bzw. HPA-Achse („Hypothalamic-Pituitary-Adrenal-Achse“). Sie sind für die Produktion und Regulation von Stresshormonen in Deinem Körper zuständig. Die adaptogene Wirkung setzt genau an dieser Stressachse an und bringt Hypothalamus, Hypophyse und die Nebennieren wieder ins Gleichgewicht, damit Dein Körper besser mit Stress umgehen kann und sich schneller davon erholt. So fördern Adaptogene beispielsweise die Produktion von Hitzeschockproteinen, die andere Proteine in Stresssituationen einer Qualitätskontrolle unterziehen und sie notfalls reparieren oder zersetzen. Durch Adaptogene wirst Du widerstandsfähiger gegenüber Stress, kannst besser mit ihm umgehen und Dich in Stresssituationen schneller beruhigen. Das hat wiederum zur Folge, dass Dich der Stress nicht so überfordert und auslaugt, Du bist fitter und aufmerksamer, kannst konzentrierter arbeiten und Dich von Herausforderungen schneller erholen. Adaptogene steigern Dein Wohlbefinden im Alltag. Allerdings bekämpfen sie nicht die Ursachen für Deinen Stress – die musst Du schon selbst herausfinden und eliminieren.

So wirken Adaptogene in Deinem Körper:

  • Erhöhen Deine Aufmerksamkeit und geistige Leistungsfähigkeit
  • Steigern Deine Energie im Alltag
  • Helfen bei Müdigkeit und Schlaflosigkeit
  • Stimulieren Dein zentrales Nervensystem
  • Balancieren Deine Stressachse aus
  • Wappnen Dich vor stressigen Situationen
  • Stärken Dein Immunsystem und Deine sportlichen Leistungen

Wachmacher im Alltag: Adaptogene vs. Stimulanzien

Anstatt sich mit Adaptogenen auf gesunde und natürliche Weise gegen Stress zu wappnen, greifen viele Menschen in stressigen Situationen lieber zu Stimulanzien, um ihren Körper entweder zu beruhigen oder zu pushen. Im Gegensatz zu Adaptogenen führen Stimulanzien bei längerer Anwendung oft zu einer körperlichen Abhängigkeit, während Du gleichzeitig eine gewisse Toleranz aufbaust und damit die Wirkung abschwächst. Im Büroalltag gehören beispielsweise Koffein aus dem Kaffee, Nikotin aus der Zigarette und andere Aufputschmittel und Wachmacher zu den Stimulanzien. Sie entfalten bei Anwendung sofort ihre Wirkung, egal ob Du gerade im Stress bist oder nicht. Und bei zu viel oder zu wenig Stimulanzien können unangenehme Nebenwirkungen wie Herzrasen, Bluthochdruck und Schweißausbrüche entstehen. Die adaptogene Wirkung hingegen kommt erst in stressigen Situationen zum Einsatz, um Deinen Körper vor Stress zu schützen. Außerdem kannst Du Adaptogene auch längere Zeit ohne Nebenwirkungen anwenden – ohne davon süchtig zu werden. Da sich Dein Körper bei regelmäßiger Anwendung aber auch an ein Adaptogen gewöhnen kann, solltest Du nach etwa sechs Wochen zu einem anderen Adaptogen mit einer ähnlichen Wirkung wechseln.

Infografik: Adaptogene - Leistungsfähigkeit

Infografik: Leistungsfähigkeit des Körpers - Adaptogene vs. Stimulanzien

Quellen & zum Weiterlesen

Meerson, F. Z. (1984): Adaptation, Stress, and Prophylaxis, 1. Auflage

Panossian, A./Wikman, G. (2010): Effects of Adaptogens on the Central Nervous System and the Molecular Mechanisms Associated with Their Stress-Protective Activity. Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3991026/

Patel, S./Rauf, A. (2016): Adaptogenic herb ginseng (Panax) as medical food: Status quo and future prospects. In: Biomedicine & Pharmacotherapy, Ausgabe 85, S. 120–127

Singh, N. et al. (2011): An overview on ashwagandha: a Rasayana (rejuvenator) of Ayurveda. Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3252722/

Strunz, U. (2020): Die Pflanze mit den tausend Namen und der Energieschlaf. Online: https://www.strunz.com/news/die-pflanze-mit-den-tausend-namen-und-der-energieschlaf.html

Tuli, H. S./Sandhu, S. S./Sharma, A. K. (2014): Pharmacological and therapeutic potential of Cordyceps with special reference to Cordycepin. Online: https://link.springer.com/article/10.1007/s13205-013-0121-9

Xu, Y. et al. (2006): Curcumin reverses the effects of chronic stress on behavior, the HPA axis, BDNF expression and phosphorylation of CREB. In: Brain Research, Volume 1122, Ausgabe 1, S. 56–64

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