Stressesser: Anzeichen und Tipps, um die Angewohnheit loszuwerden
Frustessen oder Fasten. Untersuchungen zeigen, dass Menschen auf Stress mit einer Veränderung ihrer Ernährungsgewohnheiten reagieren. Das Phänomen, insbesondere kalorienreiche Lebensmittel zu nutzen, um sich besser zu fühlen oder zu trösten, ist schon lange bekannt. Sogar die Wissenschaft beschäftigt sich mit den Hintergründen und Lösungsansätzen. Der Knackpunkt ist und bleibt jedoch der Stress. Wir erforschen mit Dir heute gemeinsam, was hinter „emotional eating“ steckt und wie Stressessen vorgebeugt werden kann.
Das Wichtigste zuerst: Bist Du ein Stressesser?
Es gibt ein Institut in den USA namens „Psychology of Eating“. Dieses geht davon aus, dass drei von vier Menschen essen, wenn sie sich emotional belastet fühlen. Tatsächlich scheint es viele Frustesser zu geben, die sich dessen nicht bewusst sind.
Folgende Anzeichen können darauf hindeuten, dass Du zu den Stressessern gehörst:
- Wenn Du in herausfordernde Situationen gerätst, denkst Du ans Essen.
- Nach einem stressigen Alltag gönnst Du Dir stets Süßigkeiten oder andere kalorienreiche Einlagen.
- Vor allem kalorienreiche Lebensmittel wie Schokolade erscheinen Dir dann attraktiv.
- Du neigst zu Heißhungerattacken.
- Gefühle wie Einsamkeit, Wut, Trauer oder Enttäuschung versuchst Du mit dem Essen zu betäuben.
- Du fühlst Dich gefangen in einem Teufelskreis aus schlechten Gefühlen und Essen.
- Nach dem Frustessen geht es dir kurzzeitig besser, danach folgt das schlechte Gewissen.
Wenn mehrere Punkte auf Dich zu treffen, raten wir Dir dazu, Dich näher mit dem Thema Frustessen zu beschäftigen und andere Stressbewältigungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Neben Bewegung nutzen stressgeplagte Menschen auch Substanzen wie Rhodiola, GABA und Ashwaghanda. Dazu später mehr.
Stress mit Essen bekämpfen ist keine Lösung
Jeder Mensch geht anders mit Stress um. Während einige kräftig in die Pedale treten, um ins Schwitzen zu kommen, widmen sich andere lieber Hüftgoldversprechen wie Schokolade. Besonders kalorienreiche Lebensmittel zu verzehren, scheint für viele Menschen erfolgversprechend zu sein. Sie möchten damit unterschiedliche Gefühle bekämpfen.
Dazu zählen:
- Trauer
- Wut
- Angst
- Unsicherheit
Wenn Du Mahlzeiten als Trostpflaster anwendest, hast Du vielleicht auch schon einmal von den Begriffen: „emotional eating“ (emotionales Essen) oder „Comfort Eating“ (tröstendes Essen) gehört. Besonders verbreitet ist jedoch die Bezeichnung „Frustessen“. Sie ist sehr zutreffend, da die zugrunde liegenden Gefühle Dein Stresssystem aktivieren.
Stress mit Essen zu bekämpfen, das zählt laut Psychologen zu den Coping-Strategien. Das sind Maßnahmen, die zu einer Bewältigung beitragen. Wenn Du Dich in herausfordernden oder traurigen Momenten also nach Schokolade und Co. sehnst, ist das ein Lösungsversuch. Das Problem dabei ist allerdings, dass Du Dich nur kurzfristig besser fühlst.
Frustessen: Das schlechte Gewissen isst mit
Auch wenn Stressessen sich noch so gut anfühlt, die negativen Auswirkungen sind meist groß. So hält die tröstende Wirkung nur einige Minuten an. Direkt daran folgt das schlechte Gewissen. Schließlich werden vorzugsweise Lebensmittel konsumiert, die vor allem Fett oder Zucker enthalten.
Diese wiederum können nicht nur zu Übergewicht führen, sondern auch das Risiko für Erkrankungen erhöhen. Dazu zählen beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Frustessen ist also eine Milchmädchenrechnung. Du fühlst Dich zwar für einige Minuten besser, am Ende schafft emotionales Essen aber neue Probleme, auf die Du wieder reagieren musst. Daraus kann sich ein Teufelskreis ergeben, der nur schwer zu durchbrechen ist. Daher ist unsere Empfehlung: Hinterfrage stets, ob es sich um emotionalen oder körperlichen Hunger handelt.
Infografik: emotionaler vs. körperlicher Hunger
Am Stressessen ist nicht nur die Psyche beteiligt
Wenn Du jemandem die Schuld in die Schuhe schieben müsstest, wenn es um das Thema Frustessen geht, würdest Du mit Sicherheit Deine Psyche verantwortlich machen. Tatsächlich haben Forscher gezeigt, dass sogenannte Stressoren (stressauslösende Faktoren) vor allem psychischer Natur sind.
Selbst recht unbedeutende Stresssituationen können den Stoffwechsel stark beeinflussen. Entsteht Stress, ist Dein kompletter Organismus, insbesondere Dein Gehirn, gefragt. Um die Herausforderung zu meistern, benötigt er Energie. Dein Stresssystem ist mit der wichtigen Aufgabe betraut, die Energie bereitzustellen, damit herausfordernde Situationen bewältigt werden können.
Das klappt in der Regel sehr gut. Stehst Du anhaltend oder unter extremen Stress, reichen die körpereigenen Reserven aber nicht immer aus. Dein Körper ist nun auf der Suche nach zusätzlichen Energiequellen. Was bietet sich da besser an, als eine kalorienreiche Nahrung? Sie wirkt in Stresszeiten besonders attraktiv, da sie Teil der Stressbewältigung sein kann. Das Ganze kann sich jedoch verselbstständigen. Dann werden emotionale Lebenslagen mit Nahrung verknüpft - das Frustessen nimmt seinen Anfang.
Gut zu wissen!
Studien zeigen, dass Frauen anfälliger sind, was „emotional eating“ angeht. Zudem wurde aufgedeckt, dass vor allem Menschen, die bereits zuvor einen höheren BMI haben, leichtfertiger zu kalorienreichen Lebensmitteln in Stresssituationen greifen.
Der Stressbooster Cortisol
Stress hat einen schlechten Ruf. Das verwundert nicht, schließlich kann er dick, krank und unglücklich machen. Allerdings muss an dieser Stelle relativiert werden. Das Stresssystem ist ein Relikt aus der Urzeit, das uns auch heute noch beim Überleben hilft. Zwar müssen wir nicht mehr vor Säbelzahntigern und Co. flüchten, es warten jedoch so einige Aufgaben im Alltag, die bewältigt werden müssen. Um das zu schaffen, hilft dir der Botenstoff Cortisol. Er wird ausgeschüttet, wenn Herausforderungen gemeistert werden müssen.
Das Stresshormon macht wach und leistungsfähig. Ein Zuviel kann jedoch schaden, da es das Herz-Kreislaufsystem belastet. Genau an dieser Stelle kommen die spannenden Forschungsergebnisse von Professor Achim Peters ins Spiel. Er hat entdeckt, dass der menschliche Körper in der Lage ist, sich gegen eine Cortisolflut zu schützen. Das macht er, indem er das Stresssystem im Gehirn herunterfährt. Für diesen Vorgang benötigt das Gehirn Energie. Zucker in Form von Schokolade ist dann ein willkommener Gast.
Stressessen vermeiden: die besten Tipps
Damit Du das Stressessen hinter Dir lassen kannst, musst Du eine alternative Strategie entwickeln, um mit dem Stress umzugehen. Der erste Schritt ist, die Situationen, die Dich stressen, zu reflektieren. Vermeide Stress, wo es geht. Manchmal helfen dabei einige Umstellungen im Alltag und eine bessere Organisation.
Zudem können folgende Tipps dazu beitragen, dass Du nicht mehr in die Frustessen- Falle tappst.
- Bringe Deinen Alltag auf Touren: Früher wurde das Stresshormon Cortisol durch das Jagen abgebaut, heute müssen alternative Bewegungsangebote gefunden werden. Bewegung und Sport helfen zudem dabei, die Energie besser auf den Körper zu verteilen. Als Sahnehäubchen wird Dein Gehirn optimaler versorgt. Für welchen Sport Du Dich entscheidest, ist grundsätzlich egal. Wichtig ist, dass er Spaß macht und möglichst mehrmals pro Woche ausgeübt wird.
- Bringe Deine Psyche ins Lot: Ein Ungleichgewicht in der Psyche erhöht auch das Risiko für Frustessen. Nur selten schaffen wir es, zu 100 % ausgeglichen zu sein. Das ist auch gar nicht nötig, denn kleine Ungereimtheiten können problemlos gemeistert werden. Angst, Unsicherheit, Wut oder Trauer sollten Deinen Alltag aber nicht bestimmen. Fühlst Du Dich vermehrt mit diesen Gefühlen konfrontiert, reicht es vielleicht nicht, sie selbst zu hinterfragen. Ein Psychotherapeut kann Dir bei der Bewältigung helfen.
- Bringe Entspannung in Dein Leben: Stress gehört ganz selbstverständlich zum Leben dazu, Entspannung aber nicht. Das kann sich nachhaltig auf Dein Wohlbefinden und Deine Gesundheit auswirken. Versuche jeder Anspannung, mit einer Entspannung zu begegnen. So können progressive Muskelentspannung, Autogenes Training und Meditation Frustessen den Rang ablaufen.
Infografik: 4 Schritte, wie Du emotionales Essen loswirst
- Bringe intermittierendes Fasten ins Spiel: Die goldene Mitte sollte Dein Ziel sein. Dem Frustessen mit einer harten Diät entgegenzuwirken, ist keine Lösung. Eine gute Alternative ist allerdings intermittierendes Fasten, wobei eine reduzierte Energieaufnahme im Mittelpunkt steht. Das soll laut Untersuchungen auch die Energieversorgung im Gehirn optimieren. Allerdings ist es hier besonders entscheidend, dass Du Dich langsam steigerst. Wichtig zu wissen: Intermittierendes Fasten ist wie eine Lebensphilosophie und wird dauerhaft betrieben.
- Bringe Nährstoffe auf Deinen Speiseplan: Nährstoffe steigern das Wohlbefinden und wirken emotionalen Krisen entgegen. B-Vitamine sind beispielsweise sehr wichtig für Dein Nervenkostüm. Eine regelmäßige, gesunde und abwechslungsreiche Ernährung beugt Stressessen besonders gut vor. Eine interessante Rolle kommt Rhodiola, GABA, 5-HTP oder Ashwaghanda zu. Rhodiola auch Rosenwurz genannt, soll das Nervensystem stabilisieren und Ängsten vorbeugen. Der Neurotransmitter GABA kann hingegen entspannend wirken. 5-HTP ist eine Aminosäure, die im Körper zu Serotonin, der Gute-Laune-Substanz, umgewandelt wird. Der Pflanzenextrakt Ashwaghanda ist besonders interessant, da er als natürliches Adaptogen bekannt ist. Er soll dabei helfen, emotionale Herausforderungen besser zu meistern. All diese Substanzen sind als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich und können womöglich bei der Stressbewältigung unterstützen.
Bonuswissen: warum gesunde Lebensmittel (kaum) funktionieren
Manchmal gelingt es, den Körper auszutricksen. Raucher lenken sich mit einem Kaugummi oder einem Stück Rohkost von dem dringlichen Gedanken an eine Zigarette ab. Wie erfolgversprechend dieses Manöver ist, hängt letztendlich von Dir ab. Vielleicht hilft Dir ein Stück Obst dabei, Frustessen mit kalorienreichen Lebensmitteln zu vermeiden. Die Forschung macht an dieser Stelle aber nicht viel Mut. Sie hat nämlich untersucht, ob Obst und Gemüse typische Lebensmittel, die bei Frustessern beliebt sind, ersetzen können. Die bittere Wahrheit: Gesunde Nahrungsmittel scheinen unser Stresssystem im Gegensatz zu Schokolade und Co. im akuten Zustand nicht besänftigen zu können. Trotzdem gibt es eine gute Nachricht. Honig wird als echte Alternative gehandelt. Er ist süß, belohnt das Gehirn und besitzt gesundheitliche Vorteile, da er Spurenelemente, Mineralstoffe, Vitamine sowie Aminosäuren vereint. Eine weitere Alternative sind die oben genannten Substanzen, die in Form von Nahrungsergänzungspräparaten eingenommen werden können.
>Unser Stresstagebuch: Beispielseite
Quellen & zum Weiterlesen
Vögele, C. & Gibson, E. L. (2010). Mood, Emotions, and Eating Disorders. In W. S. Agras (Ed.), The Oxford Handbook of Eating Disorders (pp. 180-205). New York: Oxford University Press
Sproesser G, Schupp HT, Renner B. The bright side of stress-induced eating: eating more when stressed but less when pleased. Psychol Sci. 2014 Jan;25(1):58-65. doi: 10.1177/0956797613494849. Epub 2013 Oct 28. PMID: 24166853. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24166853/
(PDF) Wie Emotionen Appetit und Essverhalten bestimmen (researchgate.net)
Kistenmacher A, Goetsch J, Ullmann D, Wardzinski EK, Melchert UH, Jauch-Chara K, Oltmanns KM. Psychosocial stress promotes food intake and enhances the neuroenergetic level in men. Stress. 2018 Nov;21(6):538-547. doi: 10.1080/10253890.2018.1485645. Epub 2018 Jul 3. PMID: 29969341. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29969341/
BI_ErnaehrungundStress.pdf (fachklinik-allgaeu.de)
F. (2021, 18. März). Comfort Eating. Bist Du ein Stressesser? artgerecht Magazin. https://magazin.artgerecht.com/darmgesundheit/comfort-eating-bist-du-ein-stressesser/
http://www.selfish-brain.org/press_de/focus_01_04_2009.pdf